Die Geschichte des Schlössli

Der Schlössli-Rap von Tonki MC

Der rappende Wohler Lehrer Claude Hasler alias Tonki MC hat eigens für das Festival «Punkt & Halbi» einen Schlössli-Rap geschrieben und produziert.

Herzlichen Dank Tonki MC!

Anfänge

Das Schlössli ist das älteste Haus der Gemeinde Wohlen. In seiner heutigen Form entstand es im Jahr 1546. Archäologische Indizien lassen aber vermuten, dass das Gebäude schon im 12. Jahrhundert erbaut und bewohnt wurde. Als Bauherren werden die «edlen Ritter von Wohlen» vermutet.

Die Ritter von Wohlen waren Dienstadelige der Grafen von Habsburg. In Wohlen übten sie die niedere Gerichtsbarkeit aus und waren Patronatsherren der grundherrlichen Kirche. Im Schlössli wurde folglich mit grosser Wahrscheinlichkeit Gericht abgehalten. Aus Wohlen wurden auch die umliegenden Gemeinden verwaltet. Nach dem Wegzug der Habsburger aus ihrem Stammschloss zogen die Ritter von Wohlen auf die Habsburg.

Die auf der Zeichnung sichtbare «Unternhilfikers Scheune» brannte im Februar 1891 ab. Aus: «Wohler Erinnerungen»1978.

Aus der alten Literatur

Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Kanton Aargau, Band VI (Bezirk Bremgarten) von Peter Felder (1967):

«SchIössli» (Steingasse 6). Ältestes Gebäude der Gemeinde, das vielleicht an der unterkellerten Nordostecke noch Überreste eines mittelalterlichen Wohnturms einschliesst. Freistehender, kubischer Mauerbau unter geknicktem Satteldach. Die unregelmäßig verteilten, teils gekoppelten Lichter sind von gefasten und gekehlten Leibungen eingefasst. In der nordwestseitigen Stube des Erdgeschosses spätgotische Fenstersäule mit halbrundem, schräggeripptem Schaft und einfachem Blockkapitell. Sandstein, Höhe 116 cm.

 

Die Chronik von F. Beyli aus dem Jahr 1902 beschreibt das Schössli folgendermassen: 

«Gemauertes Haus mit Ziegeldach. Vom Volksmund als ehemaliger Sitz der ‹Edlen von Wohlen› und bei einem Kauf von 1762 als ‹Schlössli› bezeichnet. Paul und Hansjoggli Wietlisbach kaufen 1749 einen Hausanteil von Jogli Meyer. Ums Jahr 1800 besteht eine Wirtschaft, und der Wirt ist Hansjogg Wietlisbach, untern Hilfikers. Seitherige Besitzer: 1812 Jörg und Burkard Wietlisbach; 1820 Joh. Jak. Hübscher; 1849 Burkard Wietlisbach; 1862 Jakob Dubler, Käslunzis; 1863 Josef Breitschmid, Zimmermeister; 1892 August Heimgartner».

 

1905 ist im Buch «Das Dorf Wohlen, Die Häuser und ihre Bauart» Folgendes zu lesen: 

«Doppelwohnhaus (romantische Bauart). […]. Gerippte Steinsäule im Souterrain, kleine, unregelmässig verteilte, teilweise gekuppelte Fenster; jedes der drei Stockwerke hat eigenen Zugang. Die Gibelabtreppungen sind um die Mitte des 19. Jahrhunderts entfernt worden.» 

Das Schlössi, vermutlich 1920er-Jahre. Aus:  «Wohler Erinnerungen» 1978

Ofenkachel im Rest. Sternen Wohlen, Zustand um 1762.

Das Schlössli um 1978, Foto von Bruno Widmer, Fahrwangen

Die letzten Jahrzehnte

In den 1930er Jahren wurde das Schlössli vom Dorfpolizist «Wächter Michel» bewohnt. Später ging das Gebäude in den Besitz der Familie Knoblauch über, welche die Wohnungen des Hauses vermietete. Der bauliche Zustand verschlechterte sich zunehmend, der Unterhalt war ungenügend. Folglich waren es vor allem Familien aus unteren sozialen Schichten, welche das Schlössli bewohnten. 

 

Ein Verein rettet das Haus vor dem Abbruch

Im Jahr 2000 reichten die damaligen Eigentümer ein Abbruchgesuch für das Schlössli und die Nebengebäude ein, wogegen sich Widerstand aus Kreisen der Genossenschaft Dorfkern regte. Konstruktive Verhandlungen zwischen Gemeinde, Hauseigentümer und Vertretern der Genossenschaft führten zur Gründung des Vereins Ortsmuseum Schlössli. Die Familie Knoblauch schenkte das Haus dem Verein während die Ortsbürgergemeinde das Land kaufte.

 

Das Museumsprojekt

2003 wurde das Schlössli geräumt und von der Kantonsarchäologie untersucht. Der Verein Ortsmuseum Schlössli beabsichtigte, das Haus zu sanieren und als Museum und Begegnungsort zu nutzen. Schon im ersten Jahr zählte der Verein über 100 Mitglieder. 2005 wurde die Baubewilligung für ein umfangreiches Sanierungsprojekt von Architekt Ernst Streiff (Zürich) erteilt, welches aufgrund der fehlenden Finanzen nie realisiert wurde.

 

Visualisierung des Museumsprojekts von 2005

Neustart

2005 und 2007 brannte das Schlössli innen aus. Ein dritter Brand, ebenfalls 2007, zerstörte die angrenzende «Schlösslischüür» vollständig. Alle drei Brandvorfälle konnten nie geklärt werden. 2011 verabschiedete sich der Verein von der Idee eines Museums und strich die Bezeichnung «Ortsmuseum» aus seinem Namen. Die Generalversammlung beauftragte den Vorstand mit der Suche nach einer neuen Lösung für das Schlössli. 

 

Durchbruch

2013 entwickelten Furter Eppler Partner Architekten im Auftrag des Vereins Schlössli ein neues Sanierungsprojekt. Der Ansatz war radikal anders. Es sollten nur noch die intakt gebliebenen Grundmauern erhalten bleiben und alles andere entfernt werden. Aus dem dreigeschossigen Gebäude mit einer Vielzahl an Zimmern entstand eine einzige offene Halle mit einer Galerie. Denkmalpflegerisch war dieses Vorgehen darum vertretbar, weil sowohl der Dachstuhl als auch die ganze innere Struktur durch die Brände und das Löschwasser zerstört wurden.

Mit dem neuen Projekt gelang zwischen 2014 und 2016 die Finanzierung mit einer breiten Trägerschaft, wobei die Ortsbürger- und Einwohnergemeinde rund 50 Prozent der benötigten Gelder sprachen.

 

Renovation und Wiedereröffnung

Ende 2016 begannen die Renovationsarbeiten. Diese konnten Anfang 2018 abgeschlossen werden. Seit Ende Februar 2018 steht das Schlössli als Kulturdenkmal und Haus der Begegnung allen Interessierten zur Verfügung.

Impressionen vom Schlössli 2006 bis zum Baubeginn 2016.